Wildkatze (Felis silvestris)

Über die Wildkatze war lange Zeit nur wenig bekannt. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde zu nehmend versucht, die bestehenden Wissenslücken zu schließen. Die geringe Siedlungsdichte und die versteckte Lebensweise der Wildkatze lässt oft nur wenig Beobachtungsmöglichkeiten zu. Einstmals war die Wildkatze in ganz Mitteleuropa verbreitet. Heute ist sie eine der seltensten heimischen Säugetierarten, sie ist stark gefährdet und vom Aussterben bedroht. Sie wird durch bedeutende internationale Abkommen (Washingtoner Artenschutzabkommen, Berner Konvention) geschützt. Die Aufnahme in die Rote Liste hat in Deutschland ihren Schutz untermauert. Durch die Rodung von Wäldern wurde der Lebensraum der Wildkatze stark eingeschränkt bzw. zerstört.

Aber auch die rücksichtslose Verfolgung durch den Menschen hatte lange Zeit wesentlichen Anteil an der negativen Entwicklung dieser Art. Bereits 1922 stellte die Preußische Forstverwaltung die Wildkatze im Staatswald ganzjährig unter Schutz. Aber erst mit dem Verbot des Tellereisens (1935) konnte dieser Schutz wirksam werden. Es dauerte danach noch sehr lange, bis sich die Populationen erholt hatten.

Heute sind in Deutschland etwa 10 Prozent der ursprünglichen Vorkommensgebiete wieder besiedelt. Im Harz, im Kyffhäusergebirge, im Solling und im Reinhardswald, aber  auch im Taunus, in der Eifel und im Hunsrück werden sichere Populationen nachgewiesen. In den letzten Jahren kamen der Nationalpark Hainich sowie die Neuansiedlungen im Freistaat Bayern dazu. Zunehmend wird aber auch von Einzelbeobachtungen in unterschiedlichsten Landschaften berichtet.  Auf Vorschlag der Schutzgemeinschaft „Deutsches Wild“ wurde die Wildkatze 1993 zum Säugetier des Jahres gewählt. Damit wurde dieser fast vergessenen Art wieder zu mehr Publizität verholfen.

Wir als Jäger tragen bei dem Schutz der Wildkatze eine große Verantwortung, denn eine vermeintlich  streunende Hauskatze kann leicht mit einer Wildkatze verwechselt werden. Jäger in einem Wildkatzenrevier sollten mit den Merkmalen dieses Raubwildes genauestens vertraut sein.

Systematik

Die Wildkatze gehört zu den Carnivora (Raubtiere), Familie der Katzen. Aus der Abstammungslinie ,,Wildkatzen-Gruppe“ mit 2 Gattungen und 6 Arten ging die Wildkatze, auch als Waldkatze bezeichnet, hervor.

Beschreibung

Im Vergleich zu der Hauskatze hat die Wildkatze ein massiges und korpulentes Erscheinungsbild und eine kaum sichtbare verwaschene Fellmusterung. Der Schwanz ist stumpfendig, relativ dick, stark buschig mit oft gut erkennbarer dreifacher Ringelung. Mar- kant ist das schwarze Schwanzende. Der Schädel erscheint breit und wuchtig mit fleischfarbenem Nasenspiegel und relativ weit auseinander liegenden Augen. Das Gewicht schwankt zwischen 3 und 12 Kilogramm, wobei der Kuder in der Regel stärker ist. Mit etwa 30 bis 40 cm Schulterhöhe, bis 80 cm Kopf-Rumpf-Länge und einer Schwanzlänge bis etwa 40 cm erscheint die Wildkatze im Vergleich zur Hauskatze sehr groß. Das typische Raubtiergebiss besteht aus 3 meißelförmigen Schneidezähnen, 1 starken Eckzahn (Fang- zahn), 3 spitzhöckrigen Vorbackenzähnen im Ober- und 2 im Unterkiefer sowie je 1 Backenzahn (Reißzahn) auf beiden Seiten des ober- und Unterkiefers.
Jäger in Wildkatzen-Revieren tragen eine große Verantwortung, denn Wildkatzen sind von streunenden, dunkel gefärbten Hauskatzen kaum zu unterscheiden. Äußerste Vorsicht ist geboten!

Lebensweise

  • Wildkatzen sind Einzelgänger. Nur „Mutterfamilien“- die Kätzin mit ihren Jungen bilden vorübergehend kleine Gruppen.
  • Wildkatzen leben sehr standorttreu. Sie kennen ihren Lebensraum sehr gut. Sie wissen, wo z.B. Beutetiere zu erwarten sind, wo sie oder sie bei Gefahr schnell ihr Geheck in Sicherheit bringen können.
  • In den meisten Populationen ist die Wildkatze nur in der Dämmerung und nachts unterwegs. Lediglich in Gebieten mit wenig Störung ist sie mitunter auch tagaktiv

Lebensraum

  • Die Wildkatze hat auch den Beinamen. Waldkatze. Das weist auf die hin. Dabei werden große störungsarme Laub- bzw. Nadelmischwälder im Mittelgebirge vorrangig bewohnt
  • Im Winter werden gern Süd- und Südwesthänge mit lückigen Bestockungen aufgesucht.
  • Im Hochgebirge und in nordischen Regionen fehlt die Wildkatze ebenso in Landschaften mit langen und harten Wintern
  • Bei einer mittleren Schneehöhe von über 20 cm ist sie nicht mehr zu finden
  • Wichtig für die Qualität ihres Lebensraumes sind Verstecke in Baumhöhlen, durch Windwürfe entstandene Hohlräume, Reisighaufen oder Erdhöhlen zur Jungenaufzucht.
  • Je nach Ausstattung des Lebensraumes benötigt ein Kuder 500 bis 600 ha Wald, die Katze etwa 200 ha. Werden diese Ansprüche erfüllt ist die Wildkatze sehr standorttreu.
  • Beachte: Wildkatzen sind Einzelgänger. Sie leben sehr standorttreu und bevorzugen große, störungsarme Laub- bzw. Mischwälder im Mittelgebirge.

Sinne/Lautäußerungen

  • Die Wildkatze verfügt über ein sehr gutes Sehvermögen. Ebenso sind Gehör und Geruchssinn sehr gut ausgebildet
  • Die Lautäußerungen sind ähnlich wie bei der Hauskatze
  • Neben dem Miauen und Schnurren können noch drohendes Knurren und Fauchen vernommen werden sowie vereinzelt, vor allem in der Ranzzeit, auch ein lautes Schreien

Nachweis im Revier

  • Auf Grund ihrer versteckten und heimlichen Lebensweise sind Sichtbeobachtungen sehr selten
  • Die Spur ist eine typische Katzenspur, runde und geschlossene Sohlenabdrücke, ohne Abdruck der Krallen
  • Von den fünf Zehen der Vorderpranten sind in der Spur nur vier zu sehen. Der einzelne Pfotenabdruck hat einen Durchmesser von etwa 4 bis 4,5 cm
  • Hinweise auf das Vorhandensein von Wildkatzen kann die zur Reviermarkierung auf erhöhten Stellen abgesetzte Losung sein, z.B. auf Steinen oder an Baumstubben
  • Die wurstförmige Wildkatzenlosung ist 5 bis 8 cm lang und hat einen Durchmesser von 1-1,5 cm. Die Losung wird gern mit Schnee, Laub oder auch Erde abgedeckt
  • Die der Reviermarkierung dienenden Kratzspuren an Bäumen weisen ebenfalls auf das Vorhandensein von Wildkatzen hin
  • Zur Ranzzeit kann auch das Schreien und Heulen (ähnlich bei Hauskatzen) auf Wildkatzen hinweisen.

Nahrung und Fraß

  • Die wichtigsten Beutetiere sind Mäuse, sie machen etwa 80 Prozent der Nahrung aus. Zu den weiteren Beutetieren zählen Maulwürfe, Wiesel, Vogel, Lurche und Reptilien, aber auch Kerbtiere wie Maikäfer oder Heuschrecken.
  • Die Wildkatze ist ein Schleich- und Lauerjäger. Die Beutetiere werden angeschlichen und in einem Überraschungsangriff erbeutet. An Stellen, wo Beute zu erwarten ist, kann die Wildkatze stundenlang ausharren. Sie springt die Beute mit einem sicheren Sprung an. schlägt die scharfen Krallen ihrer Vorderpfoten in die Beute ein, um dann durch einen Biss in die Nackenwirbel die Beute zu töten

Die Wildkatze ist ein Schleich- und Lauerjäger. Beutetiere werden an geschlichen und im Sprung erbeutet.

Fortpflanzung

  • In einem Alter von 9 bis 11 Monaten ist die Katze geschlechtsreif.
  • Die Ranzzeit beginnt bereits im Januar und kann sich bis März hin ziehen. In der Nähe einer paarungsbereiten Kitzin halten sich mehrere Kuder auf, die sich häufig hitzige Streitereien und Kämpfe liefern
  • Nach einer Tragzeit von 63 bis 68 Tagen werden von März bis Mai (die meisten Würfe erfolgen im April) 2 bis 4 (selten 6) junge Katzen in einem sicheren Versteck zur Welt gebracht.
  • Das Geburtsgewicht beträgt etwa 100 Gramm. Anfangs sind die jungen Katzen blind und völlig hilflos. Nach 10 bis 12 Tagen öffnen sie die Augen.
  • Die Entwöhnung von der Muttermilch erfolgt nach etwa einem Monat. Von diesem Zeitpunkt an erfolgt schon ein Eintragen von kleineren Beutetieren, die zum Fraß angeboten werden. Dabei werden die Jungkatzen durch spielerische Unterweisungen auf die künftige Jagd vorbereitet
  • Nach 6 Monaten sind die Jungkatzen schon relativ selbstständig und überlebensfähig und verlassen die Mutterfamilie
  • Ein eigenes Gebiet wird gesucht und besiedelt. Junge Wildkatzen haben Fuchs, Marder, Greifvögel und Eulen als natürlichen Feinde zu fürchten.
  • Für erwachsene Tiere geht nur eine Gefahr von Luchs bzw. Wolf als natürlicher Feind aus. Es kommt vor, dass sich Wildkatzen mit streunenden Hauskatzen
  • Da die Wildkatze aber die Nähe der Siedlung möglichst meidet, ist das äußerst selten der Fall

Jagd

  • Die Wildkatze gehört nach § 2 des Bundesjagdgesetzes zum jagdbaren Wild, hat aber in Deutschland keine Jagdzeit, sie ist ganzjährig geschont
  • Neben dem gelegentlichen Erlegen bei Treibjagden wurde die Wildkatze früher wie der Marder abgespürt, bis zu ihrem Unterschlupf verfolgt, um sie dann mit einem Hund oder durch Ausklopfen vor die Flinte zu bringen. Auch am Luder am Bau oder Pass wurde auf sie angesessen
  • Die meisten Wildkatzen wurden mit Tellereisen, Rasenfallen, Schlagbäumen oder anderen Fallen erbeutet.

Die Wildkatze hat in Deutschland keine Jagdzeit. Sie ist ganzjährig geschont.

Wildkatze / Hauskatze im Vergleich

  • Eine eindeutige sichere Unterscheidung Wildkatze, Blendling oder wildkatzenfarbig verwilderte Hauskatze ist nicht möglich.
  • Die Farbvariationen und Zeichnungen können sehr stark variieren. Nicht nur in bestätigten Vorkommensgebieten von Wildkatzen ist äußerste
  • Vorsicht beim Erlegen von Katzen geboten. Eine sichere Unterscheidung ist nur am toten Tier möglich und erfolgt nach morphologischen Messungen
  • Genutzt wird z.B. ein Index, errechnet aus der Gesamtlänge des Schädels zum Volumen des Hirnschädels (Hauskatze über 2,75 und Wildkatze unter 2,75), bzw. Vergleich der Darmlänge.
  • Die Darmlänge bei einem Kuder beträgt 110 bis 150 cm und die des Katers (Hauskatze) 155 bis 220 cm.

Unterscheidung Wild- und Hauskatze

Wildkatze

  • Fellmuster: meist verwischte Zeichnung
  • Körperbau: plump (langhaarig), Läufe dick
  • Kopfform: wuchtig, breiter Schnauzenteil
  • Nasenspiegel: hell fleischfarben
  • Ohrform: durch längeres Kopfhaar klein wirkend
  • Schwanzform: stumpfendig, stark buschig
  • Schwanzmusterung: deutliche dunkle Ringe in der hinteren Hälfte, ca. 4 cm großes, schwarzes stumpfes Schwanzende
  • Schnurr- u. Tasthaare: weiß, von kräftiger Struktur
  • Krallen:  hell, hornfarbig

Hauskatze

  • Fellmuster: meist kräftig durchgezeichnet
  • Körperbau: schlank (kurzhaarig), Läufe dünner
  • Kopfform: zart, schlank
  • Nasenspiegel: meist dunkel
  • Ohrform: da Kopfhaar kürzer erscheint Ohr groß
  • Schwanzform: spitzendig, kurzhaarig
  • Schwanzmusterung: meist nicht so scharf, helle Felder silbergrau gefärbt, schwächer ausgebildet
  • Schnurr- u. Tasthaare: schwächer ausgebildet
  • Krallen: meist dunkel hornfarben

Begriffe der Weidmannssprache

  • Beute fangen – rauben, reißen
  • Eckzähne – Fänge
  • einen Baum erklettern – baumen
  • Balg – Fell
  • Fortbewegung – traben, schnüren
  • männliches Tier – Kuder
  • weibliches Tier – Kätzin
  • Nägel – Waffen oder Krallen
  • Paarungszeit – Ranz
  • Ruhestätte – Lager
  • Schwanz – Rute
  • Stelle, an der Beute gemacht wurde – Riss, Fang

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